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Ein Netzwerk für kleine Forscher

Interessen werden früh geprägt

Jürgen Mlynek03.06.2011

Herr Professor Mlynek,

Kinder lernen normalerweise zuerst das Spielen, dann das ABC und das kleine Einmaleins. Das „Haus der kleinen Forscher“ will die Kleinen jedoch schon ganz jung an die Wissenschaften heranführen? Ist das nicht ein bisschen früh?

Kleine Kinder bringen grundsätzlich alle Eigenschaften mit, die man zum Forschen braucht: Neugier, die Fähigkeit, Fragen zu stellen und den Wunsch, mehr von der Welt zu verstehen. Wir wissen aus vielen Biografien, dass Wissenschaftler ihre Faszination für Naturwissenschaften oft schon in ihrer frühen Kindheit entdeckt haben. Ich denke, daraus können wir zwei Dinge lernen: Interessen werden früh geprägt und mit einem entsprechenden Angebot erhöhen wir die Chancen, dass mehr Kinder als bisher ihr Talent für die Bereiche Naturwissenschaft, Mathematik und Technik entdecken können. Und: Wenn wir uns mehr Nachwuchs in naturwissenschaftlichen Berufen und in der Forschung wünschen, sollten wir früh beginnen, entsprechende Angebote in den Bildungseinrichtungen anzubieten.

Genau das ist auch das Anliegen, dass wir mit der Bildungsinitiative „Haus der kleinen Forscher“ verfolgen: Wir wollen allen Kindern die Chance geben, ihre Interessen und Talente für naturwissenschaftliche und technische Fragestellungen entdecken zu dürfen. Daher setzen wir uns für die Weiterbildung von Erzieherinnen und Erziehern ein, um ein entsprechendes Bildungsangebot in allen Kindergärten zu verankern.

 

Wie sieht die Arbeit der Stiftung aus?

Mit der Bildungsinitiative „Haus der kleinen Forscher“ unterstützt die gleichnamige Stiftung die Qualifizierung der Erzieherinnen und Erzieher, damit sie die Jüngsten in den Bereichen Naturwissenschaften und Technik von Anfang an fördern und begleiten können. Ziel der Stiftungsarbeit ist es, in allen Kindergärten Deutschlands die alltägliche Begegnung mit Naturwissenschaften, Mathematik und Technik zu ermöglichen. Dafür bietet sie durch derzeit 190 lokale Netzwerkpartner in allen Regionen Deutschlands ein umfangreiches Weiterbildungsprogramm für die pädagogischen Fachkräfte an. Die Netzwerke vor Ort sind dabei der Schlüssel zum Erfolg, denn sie sorgen mit hohem Engagement dafür, dass sich möglichst viele Kitas an der Initiative beteiligen. Die Stiftung bietet das thematische Angebot, die Arbeitsmaterialien und die kontinuierliche fachliche Unterstützung. Die Fortbildung und der regelmäßige Austausch mit den jeweiligen Workshop-Leitern, den sogenannten Trainern, werden ebenfalls von der Stiftung initiiert – damit kann das Bildungsangebot kontinuierlich weiterentwickelt und die Qualität der Fortbildungen gesichert werden.

 

Welche Erfolge können Sie beobachten?

Je größer das bundesweite Netzwerk der Initiative wird, umso mehr Kinder werden zu kleinen Forscherinnen und Forschern. In den letzten vier Jahren konnten rund ein Drittel aller Kindergärten erreicht werden. Damit hat sich das „Haus der kleinen Forscher“ zur größten frühkindlichen Bildungsinitiative entwickelt, die es in Deutschland jemals gegeben hat. Die Erforschung naturwissenschaftlicher Phänomene und technischer Fragen gehört mittlerweile in vielen Kitas zum Alltag. Mehr als tausend Kitas erhielten für ihr anhaltendes Engagement bereits die Auszeichnung zum „Haus der kleinen Forscher“.

Die Stiftung ist mit vielen Partnern vernetzt und ein hochkarätig besetztes Kuratorium steht der Stiftung bei der strategischen Weiterentwicklung mit Rat und Tat zur Seite. Ich bin davon überzeugt, dass diese Initiative die naturwissenschaftliche Bildung in Deutschland verändern kann. Wir legen bereits in der Kita ein gutes Fundament, auf das in der Schule aufgebaut werden kann.

 

Besteht nicht die Gefahr, dass das früh erlernte Wissen in den Schulen später wieder verloren geht, wenn dort in den ersten Jahren Naturwissenschaften keine Rolle spielen?

Die Stiftung setzt sich dafür ein, eine kontinuierliche Bildungskette in den Naturwissenschaften zu unterstützen: Ab Sommer werden die Angebote sukzessive auch für Kinder im Grundschulalter weiterentwickelt. Mit dem neuen Bildungsprojekt „Sechs- bis zehnjährige Kinder“ sollen Angebote im Nachmittagsunterricht an Ganztagsschulen erprobt und bis 2014 in rund 9000 Einrichtungen umgesetzt werden.

 

Der Schwerpunkt des diesjährigen „Tags des kleinen Forschers“ ist das Thema Gesundheit. Wo und wie setzen Sie dabei an?

Die Helmholtz-Gemeinschaft hat im Rahmen des Wissenschaftsjahres 2011 „Forschung für unsere Gesundheit“ zusammen mit der Stiftung eine umfangreiche Broschüre zum Thema „Was hält mich gesund?“ für alle „Haus der kleinen Forscher“-Kitas herausgebracht. Damit unterstützen wir 15.000 Kindergärten mit Experimentierideen und Vorschlägen für Forscherprojekte. Beim bundesweiten Aktionstag „Tag der kleinen Forscher“ 2011 sollen die Kinder über das spielerische Erforschen biologischer, chemischer oder physikalischer Phänomene ein stärkeres Bewusstsein für den eigenen Körper und die eigene Gesundheit entwickeln. Die Fragen stellte René Nehring.

 

 

Prof. Dr. Jürgen Mlynek (RC Berlin)ist Präsident der Helmholtz-

Gemeinschaft.