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Distrikte 1910/1920

Obdachlos in Österreich, der Einsatz von Rotary

In beiden Distrikten sind Clubs und Rotaract in Wien, Neunkirchen, Graz, Klagenfurt, Linz, Wels, Salzburg, Kufstein und Vorarlberg bemüht, durch eigene Projekte oder Beteiligung an bestehenden Vorhaben Menschen ohne festen Wohnsitz ihre Hilfe anzubieten. Sehr oft ist die Caritas Österreich Partner. Hat man wieder eine Unterkunft, meinte ein glücklicher Bewohner: „Wenn man da zusammen sitzt, dann glaubt man, man ist wieder jemand!"

Heinrich Marchetti-Venier15.12.2014

Distrikt 1910

 

In der Bundeshauptstadt verbünden sich der RC Wien, der das Corti-Haus, auch als VinziRast bekannt, sponsert, mit dem RAC Wien. Die VinziRast besteht aus vier Projekten: Die VinziRast-Notschlafstelle, dem Übergangswohnhaus "VinziRast-CortiHaus" für ehemals obdachlose Menschen, der "VinziRast-Wohngemeinschaft" für abstinent lebende Alkoholkranke und "VinziRast-mittendrin", wo ehemals obdachlose Menschen mit Studierenden leben. Während der RC Wien für Einrichtungen und Kurse autistischer Jugendlicher gerade stand, besteht der Beitrag des RAC Wien darin, indem er jeden zweiten Freitag in der Vinzirast kocht und Obdachlosen das Essen anschließend ausgibt. Ihn unterstützt darin seit 2012 der RAC Wien-Innere Stadt. In Sachen wohnungsloser Mütter mit Kindern stellen sich der RAC Wien-Hofburg und der RAC Wien-Stadtpark, welche mit ihren Paten, den gleichnamigen Rotaryclubs, das Wiener Caritas-Mütter- und Kind-Heim mit Ausflügen, Aktivitäten wie Geburtstagsfeiern und Geld unterstützen, das sie mit eigenen Veranstaltungen aufbringen. Als regelmäßiges Projekt unterstützt der RAC Blue Danube-Niederösterreich das Wiener Betreuungszentrum „Gruft“. Die Gruft ist seit dem Jahr 1986 ein Zufluchtsort für wohnungslose Menschen mitten im 6. Bezirk. Ins Leben gerufen als Projekt einer Schulklasse, hat sich die Gruft zu einer Institution entwickelt, die neben medizinischer und psychiatrischer Versorgung versucht, die Grundbedürfnisse der Menschen - Aufenthalts- und Schlafmöglichkeiten, warmes Essen und Hygieneeinrichtungen - abzudecken. Sechsmal Mal jährlich werden von den Rotaract Mitgliedern die Zutaten zur Verfügung gestellt, vor Ort an die hundert Portionen wechselnder warmer Gerichte zubereitet und anschließend ausgegeben. Der RAC Wien - Belvedere hat es sich zum Ziel gesetzt, sozial benachteiligten Menschen zu helfen. In Zusammenarbeit mit der Wiener Caritas kümmert sich der RAC Wien - Belvedere um die medizinische Betreuung Obdachloser. Zu diesem Zweck wurde schon die erste rollende Ambulanz "Louise"-Bus gesponsert. Diese steht achtmal in der Woche an verschiedenen Plätzen in Wien - zusammen mit einem Arzt, einem Helfer und einem Fahrer. Regelmäßig stellt der RAC Wien - Belvedere einen Helfer und einen Fahrer zur Verfügung. Im "Louise"-Bus wurden mittlerweile mehr als 6.000 obdachlose Frauen und Männer medizinisch versorgt. Ein inzwischen längst fälliger neuer Bus wurde schließlich beim Ankauf durch 12 000 gesammelte Euro mitfinanziert.

 

Eine Wohnung, die nicht dauerhaft vermietet wird, nennt man „Prekarium“ und solche sozialen Schlafstellen werden mit Sicherheit mehr und mehr gebraucht. Der RC Neunkirchen war einer der Vorreiter und hat bereits zwei Wohnungen unter dem Projektnamen „Homeless People“ geschaffen und dazu mit einem Partnerverein eine Notschlafstelle für über 20 Obdachlose in Neunkirchen eingerichtet. Die Wohnungen verfügen über eine Elektroheizung, es ist aber auch ein Ofen installiert. Möbel, Hausrat, Bettzeug und alle Utensilien eines normalen Haushalts sind vorhanden, die Einziehenden brauchen sich diesbezüglich um nichts zu kümmern. Je nach Einkommen wird ein kleiner, symbolischer Anerkennungsbetrag für Miete, Betriebskosten und Instandhaltung verlangt, für gänzlich Mittellose werden die Kosten vom Club übernommen. 200 Menschen in Not sind es täglich, die sich im "Marienstüberl" in Graz ein warmes Mittagessen holen - um den symbolischen Preis von 10 Cent. 75.000 Essen sind es jährlich, die in der Betreuungsstätte ausgegeben werden. Und leider steht immer weniger Geld dafür zur Verfügung. So war es für Schwester Elisabeth Gruber ein besonders heller Lichtblick, als ihr der IWC Graz ein Vor-Weihnachtsgeschenk überreichte: einen Scheck über 12.000 Euro. Das Geld stammt aus dem Erlös eines Kochbuchs, in dem die Damen ihre Lieblingsrezepte präsentieren und das man gegen eine Spende von 20 Euro kaufen konnte. Hilfe kam auch vom RC Graz, dessen Freunde Lebensmittel zur Verfügung stellen.

In Kärnten ist es der RAC Klagenfurt-Wörthersee, der mit der Aktion „Spende 1 kg symbolische Wärme“ für Heizkosten und Heizmittel in solchen Wohnungen Sorge trägt, deren Bewohner als gerade untergebrachte Obdachlose keine Mittel dafür aufbringen können. Dabei werden in der Landeshauptstadt und ihrer Umgebung Spendentafeln aufgestellt und an bestimmten Stellen gesammelt.

 

Distrikt 1920

 

In Linz haben sowohl der RC Linz als der RAC Linz obdachlose Mitbürger in ihr Programm integriert. Der RC Linz ist beispielgebend, denn mit ihm ist in Zusammenarbeit mit Schwester Tarcisia das Vinzenz Stüberl, eine Dauer-Obdachlosenstelle lebensfähig. Für den Betrieb wie Nächtigungen wird laufend aufgekommen, zuletzt mit 10 000 Euro. Dazu kommt die Beschäftigung eines Sozialarbeiters dort, eine jährlichen Kleidersammlung und die Spende von 50 Schlafsäcke, 50 Rücksäcken sowie 50 Paar Handschuhen im Spätherbst. Außerdem wurde mittels eines Simplified Grant ein Deutsch-Unterricht ermöglicht, weil viele Menschen schon aus Osteuropa stammen. Auch der RAC Linz sammelt im Rahmen seiner Hands-On Möglichkeiten jedes Jahr bei allen Clubs und der Bevölkerung im Herbst Winterkleidung und stellt sie gereinigt Obdachlosen zur Verfügung. In Wels ist man entweder als gemeinsames Servicevorhaben oder in einer Einzelaktion aktiv. 20 000 Euro stellten alle Serviceclubs Obdachlosen zur Verfügung, während der RC Wels Nova alleine die Kücheneinrichtung für eine Haftentlassenen-Wohneinheit sponserte.

 

Gerade in der kalten Jahreszeit ist die Caritas Notschlafstelle (NOST) eine oft überlebenswichtige Anlaufstelle für obdachlose Menschen in Salzburg. Viele Menschen in Salzburg engagieren sich für diese Einrichtung, so auch der RC Salzburg und seine Jugendschiene, der RAC Salzburg, der sich auf seine Weise für die Notschlafstelle einbringt. "Wir kochen jedes Jahr zwei Mal für die NOST", erzählt eine Präsidentin des RAC Salzburg. Gemeinsam wurden als Geschenk ein Tischfußballspiel übergeben. Es gibt 15 Schlafplätze, davon ein eigener Frauenbereich mit vier Betten. Den "Gästen", wie die Benutzer der Notschlafstelle genannt werden, steht neben der Übernachtungsmöglichkeit auch eine Versorgung mit Frühstück und Abendessen, Körperpflege und medizinisch-pflegerische Grundversorgung und eine Notversorgung für Bekleidung und Kleiderreinigung zur Verfügung, wofür sich beide Clubs ebenfalls einbringen. Anders der RC Salzburg-Altstadt , welcher betreutes Wohnen von wieder in die Gesellschaft rückintegrierte Obdach loser Menschen durch Finanzierung ihrer Einrichtungen fördert. In Tirol läuft seit einigen Jahren das Projekt des RAC Kufstein-Rosenheim, dessen Mitglieder mit den Clubs von Rosenheim und Kufstein unter dem Motto „Kauf eins mehr“ vor acht Einkaufzentren in Kufstein und Rosenheim zu Weihnachten für Obdachlose Inhalte für 240 Pakete eingesammelt haben. Alle Vorarlberger Clubs und der Distrikt 1920 unterstützen das Projekt START, welches durch elf Stipendien junge Menschen mit Immigrationshintergrund in der Bildung fördert. In der letzten Vorweihnachtszeit haben sie dafür als sechsköpfiger Kochtrupp Obdachlose bekocht und sie in der öffentlichen Franziskanerstube im Kapuzinerkloster Bregenz bewirtet.

 

Heinrich Marchetti-Venier

DDr. Heinrich Marchetti-Venier wurde in Oberösterreich geboren. Nach dem Abitur nahm er ein Studium des Lehramtes sowie der Geistes- und Naturwissenschaften an den Universitäten Salzburg auf, es folgten die Stationen, Wien, München, Bochum, Turin, Strasbourg und Washington. Anfangs Tätigkeit in der Raumordnung, später als Historiker und Privat-Gutachter sowie Autor. Er hatte lange Zeit das Amt des Distriktberichters für die österreichischen Distrikte D 1910 und 1920 inne. Heinrich Marchetti-Venier starb im November 2015.