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Standpunkt

Soll man sich bei Rotary bewerben können?

Standpunkt - Soll man sich bei Rotary bewerben können?
Bernd Diepenhorst © Privat

Interessenten mit Offenheit und Respekt begegnen

Bernd Diepenhorst01.05.2018

Seit einiger Zeit bietet Rotary International über rotary.org die Möglichkeit an, potentielle Mitglieder zu empfehlen oder auch eigenes  Interesse zu bekunden. Dieser Ansatz, der nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung zum gängigen Vorschlagswesen gesehen werden sollte, empfielt dann entsprechende Vorgehensweisen und übermittelt Daten, die bei der Gewinnung neuer  Mitglieder unterstützen können:

1. Interessenten informieren sich über das Selbstverständnis und die Ziele von Rotary und geben Sie ihre Kontaktdaten auf rotary.org an.
2. Nach erster Prüfung werden diese an den regional zuständigen Distrikt weitergeleitet, dessen Governor oder ein von ihm Beauftragter den persönlichen Kontakt mit dem Interessenten aufnehmen kann.  
3. Gegebenenfalls führt der nächste Schritt zu einem in Frage kommenden Club, in dessen Händen ein Kennenlernen mit anschließender Entscheidung über eine Mitgliedschaft liegt.

Eigeninitiative ist ein grundsätzlich positives Signal
Es handelt sich also um ein Verfahren, das auf verschiedenen Stufen die Möglichkeit bietet, allgemeine Informationen zu Rotary mit seinen Besonderheiten und Zielsetzungen zu vermitteln und gleichzeitig deutlich zu machen, was Rotary von seinem Mitglied erwartet. Beide Seiten können auf diese Weise ermitteln, ob man zueinander passt – oder nicht.  
Dieses Vorgehen hat bereits in mehreren Distrikten zu Aufnahmen von Eigenbewerbern geführt, die zu einer großen Bereicherung unseres rotarischen Clublebens geworden sind. In anderen Fällen führte es bei Bewerbern zur rechtzeitigen Erkenntnis, dass man weitere Gedanken an eine Mitgliedschaft aufgeben sollte. Überall dort, wo dieses Verfahren bereits praktiziert wird, kam es zu unterschiedlichen Reaktionen.
Gegner befürchten zuallererst eine Qualitätseinbuße der Kandidaten, da diese nicht mehr der Vorauslese von Mitgliedern unterzogen werden. Man trägt Sorge, die angestrebte Elite nicht mehr zu erreichen, sich einem Kegelclub anzunähern und bei Ablehnung von Interessenten negative Stellungnahmen in der Öffentlichkeit oder gar juristische Schritte zu provozieren. Eigeninitiative eines Menschen ist doch grundsätzlich positiv, verrät Aktivität, Dynamik, Einsatz und die Bereitschaft zum Mitmachen. Deshalb sollten wir bei Eigenbewerbungen immer überlegen: Haben wir die Initiative von Interessenten zum Beispiel mit guter PR-Arbeit, Benefizveranstaltungen und Hands-on-Projekten sogar selbst ausgelöst? Handelt es sich um Rotaracter, ehemalige Austauschschüler, Rotary Alumni, GSE oder VTT- Teammitglieder, die Rotary seit langem kennen, die wir uns als Mitglieder wünschen, bisher aber noch nicht angesprochen haben? Sind es Berufstätige aus Sparten, zu denen kein direkter  rotarischer Kontakt besteht? Oder Kandidaten aus anderen Kulturkreisen mit unterschiedlichster Vita, die keine Berührungspunkte mit Rotary haben?
 Vielleicht auch solche mit rotarischen Kontakten, die diese aber nicht ansprechen mögen? Möglicherweise sind es auch keine aus den erwähnten Gruppen, sondern einfach Personen, die Interesse an Rotary haben? Sie haben vielleicht vernommen, dass sich dort Menschen in der Absicht zusammengeschlossen haben, diese Welt etwas besser zu gestalten, als sie sie vorgefunden haben. Die Idee macht sie neugierig, da möchten sie sich auch engagieren.

Die Autonomie der Clubs gilt auch weiterhin
Alle Interessenten haben es verdient, dass wir ihnen mit Offenheit und Respekt begegnen, und das sollten wir mit einer gehörigen Portion Selbstbewusstsein und Vertrauen in unser System tun – es wird dadurch nicht abgeschafft, sondern durch einen zusätzlichen Weg ergänzt. Mit unseren Aufnahmekriterien und -verfahren stehen wir auf einer festen und bewährten Basis und die positiven Antworten auf unsere Vier-Fragen-Probe bleiben unsere Bedingung. Nichts davon wird geändert, auch nicht die Autonomie der Clubs, deren Entscheidungsbefugnis bei Neuaufnahmen unverändert Gültigkeit behält; die Distrikte haben allenfalls eine steuernde und vorschlagende Funktion.
Ich vertraue der Urteilsfähigkeit und der Sensibilität unserer Rotarier, die bereits heute bei Vorschlägen durch langjährige Clubfreunde große Souveränität zeigen, im zustimmenden wie im ablehnenden Fall. Vertrauen wir ihnen und den Mitgliederausschüssen auch weiterhin, sie werden darauf achten, dass nur diejenigen zu uns finden, mit denen wir Menschen helfen, Leben verändern, Träume wahr werden lassen, der Welt ein Geschenk sein können und künftig sogar eine Inspiration.

Bernd  Diepenhorst
Bernd Diepenhorst, RC Kiel-Düsternbrook, leitet im Distrikt 1890 den Ausschuss Clubausbreitung und Mitgliedschaftsfragen und ist außerdem COL-Beauftragter.