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Polio: Wo stehen wir jetzt?

Der Kampf gegen die Kinderlähmung

Polio: Wo stehen wir jetzt? - Der Kampf gegen die KinderlähmungFotostrecke: Der Kampf gegen die Kinderlähmung
Wirkung des Virus in der Zelle. Zur Nahansicht bitte Abbildung klicken. © Gwen Keraval (alle)

Aktuelle Zahlen, Fakten, Pläne und Ziele

Diana Schoberg01.10.2018

Die Zahl der Poliofälle nähert sich immer mehr der Null, und die Herausforderungen für Rotary und seine Partner in der Global Polio Eradication Initiative ändern sich. Wir müssen weiterhin jedem Kind die Schluckimpfung verabreichen, und das tun wir – trotz geopolitischer Unsicherheiten – mit innovativen Strategien. Das ist jedoch nur ein Teil unserer Arbeit. Wir müssen vom Impfstoff abgeleitete Polioviren bekämpfen, die sich an Orten mit geringer Impfabdeckung ausbreiten können. Wir entwickeln uns zu Krankheitsdetektiven und gehen jedem noch so kleinen Beweisstück für kursierende Viren nach. Und wir feilen unentwegt an unserem Plan, um die Welt auf immer und ewig poliofrei zu machen. Eine Übersicht über den aktuellen Stand unserer Bemühungen.

Das Poliovirus ist ein einfaches Virus mit einem einzelsträngigen Plus-RNA-Genom, das von einem Kapsid umhüllt wird.

Es werden drei als Serotypen bezeichnete Varianten des Virus unterschieden. Unterscheidungsmerkmal ist ihre äußere Umhüllung.

Die wenigen Fälle des heute noch vorhandenen Polio-Wildvirus gehören alle zum Typ 1. Die letzten beiden Fälle von Typ 2 wurden 1999 gefunden. 2015 wurde die Welt als poliofrei von Typ 2 erklärt. Der letzte Fall von Typ 3 wurde 2012 nachgewiesen.

Wir kämpfen auch gegen von Impfstoffen abgeleitete Viren

 

Die Global Polio Eradication Initiative (GPEI) verabreicht im Rahmen der  Impfkampagnen den Schluckimpfstoff. Er wird aus abgeschwächten, lebenden Virenstämmen hergestellt.

Das abgeschwächte Virus vermehrt sich im Darm des Kindes und löst in seiner Darmschleimhaut eine Immunantwort aus. Die gebildeten Vakzinviren werden anschließend mit dem Stuhl ausgeschieden.

Das ist eigentlich auch gut, da andere Kinder im natürlichen Umfeld mit dem abgeschwächten Erreger in Kontakt kommen und ebenfalls schützende Antikörper bilden. So lässt sich Immunität auch bei Kindern erzeugen, denen die Schutzimpfung noch nicht verabreicht werden konnte.

An Orten mit niedrigen Impfquoten kann das abgeschwächte Vakzinvirus zu kursieren beginnen. In seltenen Fällen mutiert es zu einem virulenten Stamm, der 2016, ein Jahr nachdem die Welt als frei von Polio Typ 2 erklärt wurde, gingen alle Länder dazu über, mit einem bivalenten Impfstoff nur noch gegen Typ 1 und 3 zu impfen, statt wie bisher mit einem trivalenten Impfstoff gegen

alle drei Formen des Virus.eine Lähmung hervorrufen kann. Dieser wird als von Impfstoffen abgeleitetes virulentes Poliovirus (VDPV) bezeichnet.

Seit dieser Umstellung traten durch von kursierenden, von Impfstoffen abgeleiteten Polioviren (VDPV) des Typs 2 verursachte Epidemien in der Demokratische Republik Kongo, Nigeria, Somalia und Syrien auf. Die GPEI verfügt über einen Vorrat an monovalentem Impfstoff gegen Polio Typ 2 zur Bekämpfung dieser Ausbrüche.

Hohe Impfquoten sind der beste Schutz gegen Wild- und von Impfstoffen abgeleitete Polioviren.

Viele Länder verabreichen einen inaktivierten Polio-Impfstoff mit abgetöteten Viren bei ihren Routineschutz­impfungen, um das Risiko einer VDPV zu umgehen. Die inaktivierte Polio-Vakzine schützt nur den geimpften Menschen vor einer Polio-Infektion. 

Allein der oral verabreichte Polio-Impfstoff (Schluckimpfung) kann die Mensch-zu-Mensch-Übertragung des Wild-Virus unterbrechen. Deshalb wird er bis zur Erklärung der Welt als poliofrei weiter verwendet. Nach Ausrottung des Wild-Poliovirus Typ 1 und 3 werden nur noch inaktivierte Polio-Vakzinen verabreicht.

 

Im Rahmen von Polio-Impfkampagnen haben Rotary und seine Partner im Jahr 2017 430 Millionen Kinder in 39 Ländern geimpft.

Wir suchen nach allen Verstecken des Poliovirus - ein typischer Ablauf:

Ein Kind unter 15 Jahren leidet plötzlich unter unerklärlicher Schwäche oder Lähmungserscheinungen, die als akute schlaffe Lähmung (AFP) bezeichnet werden. Die meisten Lähmungserkrankungen haben andere Ursachen als Polio, dennoch müssen wir Polio als Ursache ausschließen.

• Ein Arzt oder Gemeindemitglied, wie zum Beispiel der traditionelle Heiler, Apotheker oder Kleriker, meldet die Erkrankung an die Gesundheitsbehörde.

• Die Ärzte nehmen innerhalb von 48 Stunden nach dem Einsetzen der Lähmung eine Stuhlprobe und eine zweite nach weiteren 24 bis 48 Stunden.

 • Die Proben werden gekühlt zu einem Labor des Global Polio Laboratory Network geschickt.

• Wenn Polioviren in den Proben enthalten sind, werden durch weitere Tests die genetische Zusammensetzung des Virus sowie seine Herkunft (Wild oder vom Impfstoff abgeleitet) bestimmt.

• Die Wissenschaftler vergleichen die Probe mit Referenzproben bekannter Polioviren. Viren aus unterschiedlichen Regionen weisen leichte Unterschiede in ihren Gensequenzen auf. Deshalb können die Virusforscher die Herkunft des Virus genau bestimmen: ob es örtlicher Herkunft ist oder aus benachbarten oder weiter entfernten Ländern eingeschleppt wurde. Die Gesundheitsmitarbeiter entwickeln aus diesen Informationen die beste Impfstrategie, um eine weitere Verbreitung zu verhindern.

Das Global Polio Laboratory Network

Die Wissenschaftler, die für die Viruserkennung zuständig sind, arbeiten in einem von 146 von der WHO akkreditierten Laboren in 92 Ländern, die alle zum Global Polio Laboratory Network gehören.

Der Kampf gegen Polio in Zahlen

• Die Stuhl- und Abwasserproben ­werden in 123 nationalen und subnationalen Laboren untersucht.

• 17 regionale Referenzlabore unterscheiden zwischen Wild- und vom Impfstoff abgeleiteten Viren und bestimmen die genetische Zusammensetzung des Virus.

6 globale Speziallabore bestimmen den genetischen Aufbau des Virus und präparieren und verteilen die dafür verwendeten Testchemikalien.

 • In 30 Jahren sank die Zahl der polioendemischen Länder von ...

Die Finanzierung

Von 2010 bis 2017 hat die Rotary Foundation nahezu 700 Millionen US-Dollar für das PolioPlus-Programm bereitgestellt. Die Kosten für den Impfstoff werden zum grossen Teil von anderen Gebern getragen. Rotary stellt die Mittel bereit, um Finanzierungslücken zu schliessen.

Unser Plan, um die Welt auf immer und ewig von Polio zu befreien:

Unterbrechung der Übertragung

• Suche nach dem letzten verbleibenden Wild-Poliovirus im Menschen oder der Umwelt

• Fortsetzung der Impfungen, Überwachung und Reaktionen auf Ausbrüche des vom Impfstoff abgeleiteten Poliovirus

• Schrittweise Übergabe der durch die GPEI geschaffenen Ressourcen zur Bekämpfung anderen Gesundheitsprobleme

Zertifizierung

• Erklärung der Welt als poliofrei

• Auflösung der Global Polio Eradication Initiative

• Verringerung der Anzahl der Labore und impfstoffherstellenden Einrichtungen, in denen das Poliovirus unter strengsten Sicherheitsbestimmungen aufbewahrt wird

• Durchführung von gut organisierten Impfkampagnen zum Aufbau der Immunität vor dem Einstellen der Schluckimpfung

Übergangsphase

• Gleichzeitige Einstellung der Impfungen mit oraler Poliovakzine in allen Ländern zur Verhinderung von VDPV-Infektionen und Impfung von Kindern mit ausschließlich inaktiviertem Polioimpfstoff im Rahmen von Routineimpfungen

• Fortsetzung der Überwachungsmaßnahmen, die nach der Zertifizierung einer poliofreien Welt in erster Linie auf die Umwelt ausgerichtet sind

• Reagieren auf Ausbrüche durch vom Impfstoff abgeleitete Polioviren, die noch Jahre nach Einstellung der Impfung mit OPV kursieren können

Unser Ziel: Helfen Sie mit! 

END POLIO NOW braucht weiterhin Spenden, um baldmöglichst die Unterbrechung der Infektionskette auch in den letzten drei polioendemischen Ländern zu schaffen.

WIE KÖNNEN WIR HELFEN? Jeder Club wird gebeten, pro Jahr 1500 US-Dollar (ca. 1300 Euro) einzubringen – und die Distrikte jährlich 20 Prozent ihrer DDF-Mittel. Die Rotary Foundation bezuschusst DDF-Spenden mit 50 Prozent. Mit der Bill & Melinda Gates Foundation, die darüber hinaus alle Rotary-Spenden um 200 Prozent aufstockt, können wir unser Ziel erreichen: die Unterbrechung der Ansteckungskette auch in Nigeria, Afghanistan und Pakistan – und damit weltweit.

SPENDENKONTO:

ROTARY DEUTSCHLAND GEMEINDIENST E.V.

Deutsche Bank AG, Düsseldorf

• Konto-Nr. 0940 940
• BLZ 300 700 10
• IBAN DE56300700100094094000
• BIC DEUTDEDD

Verwendungszweck: Polio

Clubnummer nicht vergessen!

Oder spenden Sie unter: www.endpolio.org

Diana Schoberg
Diana Schoberg arbeitet seit 2008 als Redakteurin im Hauptsitz von Rotary International in Evanston für das Mitgliedermagazin The Rotarian. Außerdem managt sie die Digitalversion des Magazins. therotarianmagazin.com